Mit seiner Firma Intrakon – 2001 als kleine GbR gegründet, dann gesund zur GmbH gewachsen – ist er gut im Hochbau-Geschäft und hat deshalb viel Erfahrung mit allen Baustoffen: mit Holz, Stahl, Stahlbeton und Mauerwerk. Er gilt als Spezialist für klimarobustes, ganzheitliches Bauen – und seit ein paar Jahren auch für etwas andere Parkhäuser. Wie konnte es dazu kommen?
Es muss nicht immer Beton sein
Das Parkhaus hat einen Ruf als Unort: klotzig, dunkel, miefig, ungemütlich, beängstigend. Wenn man drin ist, will man meist schnell wieder raus. So wie in Rüsselsheim, wo bis vor ein paar Jahren zwei alte Parkdecks aus Sichtbeton und Stahl inmitten von Hochhäusern langsam vor sich hin siechten – und endlich ersetzt werden sollten.
Als Marco Kolloczek und der Düsseldorfer Architekt Uwe Küstermeier diese Parkdecks sahen, fragten sie sich: Müssen die eigentlich immer aus Beton sein? Kann man das Eintönige und Rechteckige nicht mal durchbrechen? Geht’s nicht auch natürlicher und nachhaltiger? Relativ schnell setzten die beiden auch die Idee in die Welt: Warum nicht mal ein Parkhaus aus Holz bauen?
Dann aber wurde es deutlich komplexer, so vieles musste bedacht und geklärt werden: Ist Holz wirklich der richtige Baustoff? Alles aus Holz? Was ist mit Brandschutz, Feuerwiderstand, Wetterbeständigkeit? Geben die Baunormen ein Holzparkhaus überhaupt her? Was geht technisch und konstruktiv an Winkeln, Diagonalitäten, Querschnitten, Festigkeiten? Wie sind die Baustoffpreise? Und natürlich: Zieht der Bauherr oder die Bauherrin mit?
Ein intensiver kreativer Prozess folgte, ein Hin und Her von Ideen, Lösungsansätzen, Revidierungen, Nochmalneudenken, Verwerfen, Abstimmen, Verfeinern – bis klar wurde: Das geht. Küstermeier und Kolloczek entwickelten eine Lösung, die sich an die gängigen Normen und Regeln des Stahl- und Betonbaus hielt, sie aber im Holzbau umsetzte.
So entstand 2016 das erste Parkhaus fast völlig aus Holz. Die Fahrzeuge stehen auf einer Holzdecke, und auch die Tragkonstruktion der Decke besteht aus Holz. Nur Stützen, Verbände und Absturzsicherungen sind weiterhin aus Stahl. Ist sicherer so – und entspricht Kolloczeks Haltung: „Es muss nicht auf Teufel komm raus alles aus Holz sein. Man sollte die Baustoffe da einsetzen, wo sie besonders gut funktionieren.“
Der ganze denkerische und konstruktive Aufwand – für die Fassade brauchte Kolloczek quasi genauso lange wir für die Parkdecks selber – lohnt sich langfristig: Denn im Holzparkhaus entfallen z.B. die Sanierungs- und Wartungsarbeiten von Betonoberflächen komplett. Und: Je Stellplatz werden 8,5 t Beton (4,32 m³), 0,40 t Bewehrungsstahl und 0,85 t Stahl gegenüber einer klassischen Stahlkonstruktion eingespart. Das heißt: So ein Parkhaus mit 100 Stellplätzen spart umgerechnet ca. 225 t CO₂.
Neu denken, nachhaltig bauen
Marco Kolloczek baut am liebsten im Baukollektiv. Deshalb ist es ihm wichtig zu betonen: Das Rüsselsheimer Parkhaus konnte nur als clever konzertierte Zusammenarbeit von Bauherr*in, Architekt*in, Ingenieur*in und Landschaftplaner*in entstehen. Der oktaederartige Bau ist architektonisch ein Eyecatcher und aus Ingenieursicht eine echte Innovation: „Wir haben keine neuen Baustoffe erfunden, aber ganz geschickt etablierte Baustoffe neu kombiniert.“
Zudem wurden im Parkhausumfeld die Gebäude energetisch saniert, und es entstanden neue Grünflächen und Spielplätze. Der Clou: Man kann durch die beiden Parkdecks hindurch spazieren, von einem Quartierteil in den anderen. Das Parkhaus ist also nicht als Abstellort für Autos konstruiert, sondern als Begegnungsstätte für Menschen – licht, freundlich, offen. Kein Wunder, dass es von den Menschen im Umfeld wirklich genutzt und gehegt wird.
Das gibt es also wirklich: ein Parkhaus, das ein ganzes Quartier innovativer, lebendiger und lebenswerter macht. Deshalb heißt es auch Vitapark – und Kolloczek und Küstenmeier haben es als Bausatz konzipiert: mit klar definierten, parkplatzaffinen Bauteilen, die man einkaufen, wie ein Puzzle zusammenstellen und aufbauen kann. Gut möglich also, dass das hier nur das erste Kapitel der Holzparkhaus-Geschichte ist. Stadtviertel, die dringend aufgewertet werden müssen, gibt es schließlich nicht nur in Rüsselsheim.