Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen

„Das ist serious gaming“

„Das ist serious gaming“

Glück Höng ist ein Büro für morgen. Zunächst mal ist es sehr jung, wurde vor drei Jahren, mitten in der Corona-Krise gegründet, von Stefan Glück, 32, und seinem Counterpart (und Lebenspartner) Karl Markus Höng, auch erst 36. Dann ist es im Kern interdisziplinär: Ingenieurskunst (Glück) und Architektur (Höng) gehören hier unzertrennlich zusammen. Drittens macht das Büro grundsätzlich keine Neubauten, fokussiert ganz auf Bestand, auf Umbauten, Modernisierungen, Sanierungen. Also auf Substanz- und Werterhalt (Stefan Glück ist schon seit dem Studium von den Ideen der Kreislaufwirtschaft und des Urban Mining überzeugt). Und viertens ist das Büro extrem digitalaffin. Die Planungsmethoden und Softwaretools, die Glück und Höng nutzen, darf man progressiv nennen. Sie planen alles in 3-D und gelten als „state of the art in BIM“.

Das Projekt: einen Aufzug intelligent einbauen

Eines Tages sieht sich Glück Höng mit einem Projekt konfrontiert, das eher spröde klingt: Einbau eines Personenaufzugs in ein Wohnhaus in Düsseldorf-Oberkassel. Tatsächlich steckt eine komplexe, anspruchsvolle Aufgabe dahinter: Es geht um ein Jugendstilgebäude, denkmalgeschützt, mit besonders wenig Platz im Treppenhaus und einer aufwändigen Fassade. Das Denkmalamt hat zum Thema Aufzug folgendes zu sagen: den Eingriff bitte so gering wie möglich gestalten! Den Aufzug nicht an die Fassade klatschen, sondern intelligent integrieren! Erschwerend kommt hinzu: Die historischen Bestandspläne aus dem Jahr 1909 sind schwer zu lesen und stimmen, wie sich herausstellt, zum Teil nicht mit der aktuellen Hausrealität überein. Außerdem ist das 6-stöckige Gebäude bewohnt.

Alles in allem eine ziemlich chaotische, heikle, problempralle Situation.

Sehr interessant, findet Stefan Glück.


Die Innovation: Punktwolken und ein digitaler Zwilling

Dem Bauingenieur wird schnell klar: Der neue Aufzugsschacht muss einmal durch das gesamte Haus gesteckt werden. Dafür ist absolut präzise Planung nötig. Ein klassisches Aufmaß per Hand und Zollstock plus Nachbau am PC kommt nicht in Frage: viel zu fehleranfällig. Und zu zeitaufwändig.

Stefan Glück, schon seit dem Studium 3-D-fasziniert, hat eine andere Idee: „Lass uns das Aufmaß mal per 3-D-Scanner machen.“ Ganz Technik-Enthusiast, geht er in die Scannertiefe und erklärt: „Das ist ein richtig krasses Gerät, ein Hochleistungsrechner zum Einscannen von Räumen, wie ein Scanner für Papier, nur dreidimensional. Ein rotierender Spiegel schickt Hunderttausende von Laserstrahlen pro Sekunde in den Raum, die von der Umgebung reflektiert werden. Dabei heraus kommen sogenannte Punktwolken.“ Mit einem Tüftlerschmunzeln fährt er fort: „Auf Basis der Punktwolken lässt sich dann ein exaktes, aktuelles, digitales 3D-Gebäudemodell erstellen – quasi ein digitaler Zwilling. Und mit dem können wir ganz präzise und effizient weiter planen.“ Verblüffend: Millimetergenaue Baupläne entstehen quasi als „Abfallprodukt“ – mit Grundrissen, Schnitten, Ansichten, also allem, was man für die Bauausführung braucht. Und, ganz wichtig bei Bestandsbauten (vor allem alten, denkmalgeschützen Gebäuden, in denen man immer mit etwas Unerwartetem rechnen muss): Änderungen lassen sich sehr schnell verarbeiten, ins Gebäude-Modell implementieren – und sofort auf allen Unterlagen aktualisieren. Gleiches gilt für Kostenberechnungen, Energiebilanzierungen, Emissionsberechnungen uvm.

Das Ganze hat noch einen nicht zu unterschätzenden, sozusagen kommunikations-psychologischen Nutzen: Mit so einem 3-D-Modell wird der Planungsprozess auch für Nicht-Expert:innen, z.B. Bauherr:innen, viel transparenter und nachvollziehbarer. Die Projektnervosität sinkt, Entscheidungen fallen leichter.

Stefan Glücks Innovationsmut zahlt sich voll aus. Nicht nur die Planung, sondern auch der Bau laufen hervorragend. Der Aufzug passt exakt, tut seine vertikale Pflicht, alle sind happy. Bauherr:innen, Mieter:innen, Denkmalamt. Glück natürlich auch.


Die Zukunft: Hitech für nachhaltiges Planen und Bauen

Ist das also das Zukunftsmodell? „Für uns auf jeden Fall.“ sind Glück Höng überzeugt: Es ist unschlagbar für Bestands-Gebäude, ideal geeignet im Denkmalschutz, in bewohnten Gebäuden, in großen Strukturen – oder wenn unzuverlässige Bau-Informationen vorliegen. Die Hitech-Bestandsplanung läuft einfacher, exakter und schneller, und der Bauablauf ist weniger störungsanfällig.

Stefan Glück hat den Laserscanner schon bei zwei weiteren Projekten eingesetzt, und die Begeisterung lässt nicht nach. „Das ist nicht nur eine Sache der Effizienz. Das macht auch total viel Spaß. Das ist „serious gaming“.“

Er glaubt, dass er nicht der einzige seriöse 3-D-Modell-Spieler bleiben wird: „Dieses Prozedere wird in 10 Jahren komplett normal sein – und in der Stadt- und Gesellschaftsentwicklung eine wichtige Rolle spielen.

3-D-Laserscans und digitale Gebäudemodelle werden die Lösung für nachhaltiges Planen und Bauen im Bestand sein.“



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